Wie kann der Zahnarztbesuch angstfrei gestaltet werden?

Frage
Ich (w,33) hatte als Kind jedes Mal panische Angst vor dem Zahnarztbesuch. Was kann ich tun oder vorkehren, damit es meinem Sohn (4) dereinst nicht auch so ergehen wird?

Kurzantwort
Eltern sollten unbedingt versuchen, ihre eigene Angst vor dem Zahnarztbesuch oder unangenehme Erinnerungen daran nicht auf ihr Kind zu übertragen. Wichtig ist, dass positive Signale gesetzt werden: Der Zahnarzt schaut und hilft, dass die Zähne richtig wachsen, gross und stark werden und gesunfd bleiben.

Mein Zahnarzt ist lustig, er erzählt Witze, und auf seinem Kittel ist ein Superman, das ist cool. Felix (5) kam kürzlich zum ersten Mal in die Zahnarztpraxis zur Zahnkontrolle. Nach fünf Minuten war alles vorbei, und Felix war stolz darauf, sogar ohne Mami oder Papi im Zahnarztzimmer gewesen zu sein.
Eine Ausnahme?
Es gibt leider auch Kinder, die grosse Angst haben, weil sie meinen, dass der Besuch beim Zahnarzt etwas Schlimmes sei. Sie fürchten sich davor, auf dem Stuhl zu liegen und den Mund zu öffnen. Warum war es bei Felix nicht so?
Die freundlich Stimmung in der Praxis und das Geschickt des Zahnarztes und seiner Assistentinnen sind sehr wichtig, dass ein Kind den Besuch beim Zahnarzt „cool“ finden kann. Zahnärzte kennen viele Tricks und wurden zumindest in der Schweiz auch ausgebildet, den kleinen Patienten spielerisch zu zeigen, was sie tun. „Horrorerfahrungen“, wie sie Grosseltern oder Eltern gemacht haben mögen, gehören der Vergangenheit an!
Doch alle Bemühungen des Zahnarztes nützen wenig, wenn die Erwartungen des Kindes von zu Hause aus bereits negativ geprägt sind.

Was Eltern tun können
Zum grossen Teil liegt es in der Hand der Eltern, mit welchen Gefühlen ihr Kind die Zahnarztpraxis betrifft. Sie stimmen das Kind auf dem Besuch ein. Dies geschieht am besten so dass der Zahnarztbesuch als etwas völlig Normales, Alltägliches wahrgenommen wird, als etwas, was alle Menschen tun, wie beispielsweise auch einkaufen gehen.
Man darf dem Kind ruhig erklären, wie der Zahnarztbesuch ablaufen wird. Wichtig ist aber, dass positive Signale gesetzt werden. Vermeiden Sie den Bezug zu Angst, Schmerzen, Bohren oder Spritze. Sagen sie nie: „Es wird nicht wehtun!“ oder „Du brauchst keine Angst zu haben, er wird sicher nicht bohren beim ersten Mal!“ Sie bewirken damit das Gegenteil: das Kind hört daraus, dass es durchaus Grund gibt, sich zu fürchten.

Niemals drohen
Man darf dem Kind auch niemals drohen, zum Zahnarzt gehen zu müssen, wenn es seine Zähne nicht putzt, oder gar, dass er seine Zähne anbohren werde. Das Kind wird daraus schliessen, dass der Zahnarztbesuch eine Strafe, also etwas Schlimmes ist. Ebenso bewirkt das Versprechen einer Belohnung oft das Gegenteil, denn indirekt wird damit gesagt, dass eine „Prüfung“, eine Bewährungsprobe zu bestehen gilt.
Mit Geschichten von eigenen schlechten Erfahrungen provozieren Eltern eine Abwehrhaltung beim Kind. Versuchen Sie als Eltern unbedingt, Ihre eigene Angst oder unangenehme Erinnerungen nicht auf Ihr Kind zu übertragen. Prägen Sie ein positives Bild vom Besuch beim Zahnarzt. Erzählen Sie Ihrem Kind, wie Ihnen die Behandlung geholfen hat und dass der Zahnarzt schaut und hilft, dass die Zähne richtig wachsen, gross und stark werden und gesund bleiben. Damit Kinder entspannt zum Zahnarzt gehen können, ist richtiges Verhalten seitens des Zahnarztes und der Eltern nötig. Nur mit diesem Zusammenspiel wird Angst gar nie aufkommen – vor und während des Zahnarztbesuchs nicht.

Autor: Dr. med. dent. Jürg Eppenberger
Erschienen in: Neue Luzerner Zeitung am 2. Dezember 2013

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