Frage
Ich (59, w) gehe seit über 20 Jahren einmal pro Jahr zur Dentalhygienikerin. Vor zwei Jahren wurde eine Parodontitis festgestellt. Jetzt ist eine chirurgische Zahnfleischsanierung angesagt. Ist sie wirklich nötig oder besteht die Möglichkeit einer medikamentösen Behandlung? Ist es sinnvoll, eine Zweitmeinung einzuholen? Wie kann ich feststellen, ob mein Zahnarzt Erfahrung in diesen Operationen hat und wie er ausgebildet ist? Mit welchen Komplikationen muss ich rechnen? C. A. in S.
Kurzantwort
Prävention und Behandlung der Parodontitis sind eng verknüpft. Das Einholen einer Zweitmeinung kann sinnvoll sein. Eine Parodontitis kann durch eine gute Mundhygiene und eine optimale Reinigung vermieden werden. Die Behandlung besteht darin, alle Bakterien auf der Zahn- und Wurzeloberfläche, also auch unter dem Zahnfleisch, minutiös zu entfernen. Dazu sind oft mehrere Sitzungen nötig. Oft müssen unterstützend auch desinfizierende Spüllösungen oder gelegentlich auch Antibiotika eingesetzt werden.
Der detaillierten Beschreibung Ihrer Probleme entnehme ich, dass Sie an einer Erwachsenenparodontitis leiden. Der Zahnfleisch- und Knochenschwund entwickelt sich langsam über Jahre, aber nur wenn Zahnbeläge und Bakterien unter das Zahnfleisch gelangen und dort liegen bleiben. Der Besuch bei Ihrer Dentalhygienikerin nur einmal pro Jahr war somit ungenügend.
Die Erwachsenenparodontitis ist heute kein Schicksal mehr – sie kann vermieden werden durch eine gute eigene Mundhygiene und eine regelmässige präzise professionelle Reinigung. Die Häufigkeit muss für jeden Patienten individuell angepasst werden (in der Regel zweimal pro Jahr für Erwachsene ohne spezielle Probleme).
Die Behandlung der Erwachsenenparodontitis beginnt immer mit einer Hygienephase. Die Patienten werden im Ausführen der eigenen Hygiene instruiert und falls nötig mehrmals kontrolliert, bis sie eine möglichst optimale Zahnhygiene durchführen können.
Parodontitisbehandlung
Die Dentalhygienikerin wird anschliessend alle Bakterien minutiös unter dem Zahnfleisch herausschaben. Dazu sind oft mehrere Sitzungen und oft eine Lokalanästhesie notwendig. Desinfizierende Spülmittel, in seltenen Fällen Antibiotika, können dazu eine Unterstützung sein, genügen aber niemals alleine. Nach einer mehrwöchigen Heilungszeit bei anhaltend guter Mundhygiene wird der Zustand des Zahnfleisches erneut untersucht. Erst dann wird entschieden, an welchen Stellen eine chirurgische Sanierung nötig ist. Die häufigsten Komplikationen sind empfindliche Zahnhälse oder länger erscheinende Zähne durch das Gesundschrumpfen des entzündeten Zahnfleisches.
Ausbildung und Erfahrung
Das Einholen einer zweiten Meinung ist dann sinnvoll, wenn Sie Ihrem Zahnarzt persönlich nicht genügend vertrauen. Ihr Vertrauen und Ihre Motivation zur optimalen Hygiene sind für das gute Gelingen einer Therapie sehr wichtig. Ob Ihr Zahnarzt für eine bestimmte Therapie genügend Erfahrung hat, können Sie erfahren, indem Sie ihn direkt darauf ansprechen oder seinen beruflichen Lebenslauf verlangen. Darin sind seine Ausbildung, der Ausbildungsort, die Weiter- und Fortbildungen aufgeführt. Offizielle Weiterbildungstitel, die durch die Schweizerische Zahnärztegesellschaft SSO vergeben werden, lauten: «Weiterbildungsausweis SSO für …» oder solche, die durch die Eidgenossenschaft vergeben werden «Fachzahnarzt für …»
Autor: Dr. med. dent. Jürg Eppenberger
Erschienen in: Neue Luzerner Zeitung am 18. März 2009