Frage
Der Zahnarzt unserer Söhne (18 und 21) hat empfohlen, alle Weisheitszähne zu ziehen, da mit zunehmendem Alter Infektionsgefahr besteht und das Entfernen der Weisheitszähne danach schwieriger wird. Wir sind darüber sehr verunsichert. Kann diese vorbeugende Massnahme vorbehaltlos empfohlen werden? H. C. in I.
Kurzantwort
Nicht jeder Weisheitszahn muss gezogen werden. Wenn der Weisheitszahn genügend Platz hat und sich normal in die Zahnreihe einfügen kann, muss er nicht entfernt werden. Es gibt Situationen, in denen man nicht zuwarten sollte, bis eine akute Notfallsituation entsteht. In diesem Fall sollten die Weisheitszähne vorher entfernt werden. Falls überhaupt, sind die Weisheitszähne vor dem 25. Altersjahr zu entfernen. Wenn die Wurzeln noch nicht ganz ausgewachsen sind, lässt sich der Zahn einfacher entfernen.
Das Entfernen der Weisheitszähne ist ein zahnärztlich chirurgischer Eingriff zu dessen Ausführung es eine Begründung (Indikation) braucht. Nicht jeder Weisheitszahn muss gezogen werden: Wenn der Weisheitszahn genügend Platz hat und sich normal in die Zahnreihe einfügen kann, muss er nicht entfernt werden.
Falls er aber den Durchbruch nicht vollständig schafft, da er keinen Platz findet oder in einer falschen Richtung wächst, bleibt er teilweise vom Zahnfleisch bedeckt auf halbem Weg stecken. Entlang dem verborgenen Teil der Zahnkrone bilden sich Zahnfleischtaschen, die permanente Bakteriendepots darstellen. Da die Zahnreinigung dort nur ungenügend möglich ist, können die dort wachsenden Bakterien Infektionen und immer wieder auftretende schmerzhafte Entzündungen auslösen. Im schlimmsten Fall entsteht ein lokaler Abszess mit Eiter. Auch der Nachbarzahn kann durch die Bakterienansammlung und die schlechte Reinigungsmöglichkeit Schaden nehmen. In solchen Situationen ist es ratsam, nicht zu warten, bis eine akute Notfallsituation entstanden ist, sondern die Weisheitszähne vorher zu entfernen.
Komplikationen sehr selten
Wie bei jedem chirurgischen Eingriff, ist auch das Ziehen eines Weisheitszahnes nicht ohne Risiko. Zur Abschätzung des Risikos macht der Zahnarzt immer vorgängig ein Röntgenbild. Bei einer korrekten Operationstechnik und einer genauen Diagnostik (vorhergehende Untersuchung und Abklärung) sind Komplikationen sehr selten.
In einer neueren Studie der Universität Basel wird deutlich, dass zum Beispiel Nervenverletzungen bei Entfernung der Weisheitszähne sehr selten stattfinden: Bei 2384 Extraktionen kam es in 17 Fällen zu einer Verletzung des Unterkiefernerven. Bei allen Patienten hat sich die vorübergehend entstandene Gefühllosigkeit oder Gefühlsverminderung wieder normalisiert.
Vor dem 25. Altersjahr entfernen
Viele weitere Studien zeigen auch, dass das Risiko einer Nervverletzung am kleinsten ist zwischen dem 17. und 24. Lebensjahr. Somit ist es ratsam, falls notwendig, die Weisheitszähne vor dem 25. Altersjahr zu entfernen. Wenn die Wurzeln noch nicht ganz ausgewachsen sind, lässt sich der Zahn einfacher entfernen.
Autor: Dr. med. dent. Jürg Eppenberger
Erschienen in: Neue Luzerner Zeitung am 14. März 2007