Wann machts Sinn, die Weisheitszähne ziehen zu lassen?

Frage

Wann macht es Sinn, die Weisheitszähne operativ entfernen zu lassen? Bei meinem letzten Besuch beim Zahnarzt empfahl mir (22, w) dieser, die Weisheitszähne zu entfernen. Seine Begründung: Die unteren beiden «hängen» am vorderen Zahn. Sie können also nicht durchbrechen und entwickeln Druck auf den Zahnbogen. Ich habe weder Beschwerden, noch ist ein Platzproblem vorhanden. Was meinen Sie dazu? D. M. in E. 

Kurzantwort

Nicht jeder Weisheitszahn muss gezogen werden. Wenn der Weisheitszahn genügend Platz hat und sich normal in die Zahnreihe einfügen kann, muss er nicht entfernt werden. Was spricht für eine Entfernung? Falls den Weisheitszähnen der Durchbruch nicht vollständig gelingt, bleiben sie teilweise vom Zahnfleisch bedeckt auf halbem Weg stecken. Entlang dem verborgenen Teil der Zahnkrone bilden sich Zahnfleischtaschen, die permanente Bakteriendepots darstellen. Da die Zahnreinigung dort nur ungenügend möglich ist, können die dort wachsenden Bakterien Infektionen und Entzündungen auslösen.

Das Entfernen der Weisheitszähne ist ein zahnärztlich chirurgischer Eingriff, zu dessen Ausführung es eine Begründung (Indikation) braucht. Nicht jeder Weisheitszahn muss gezogen werden: Wenn der Weisheitszahn genügend Platz hat und sich normal in die Zahnreihe einfügen kann, muss er nicht entfernt werden. Die von Ihrem Zahnarzt angegebenen Begründungen sprechen für eine Entfernung. Warum? Falls den Weisheitszähnen der Durchbruch nicht vollständig gelingt, da sie keinen Platz finden oder in eine falsche Richtung wachsen (was bei Ihnen der Fall ist), bleiben sie teilweise vom Zahnfleisch bedeckt auf halbem Weg stecken. Entlang dem verborgenen Teil der Zahnkrone bilden sich Zahnfleischtaschen, die permanente Bakteriendepots darstellen.

Infektionen und Entzündungen

Da die Zahnreinigung dort nur ungenügend möglich ist, können die dort wachsenden Bakterien Infektionen und schmerzhafte Entzündungen auslösen. Im schlimmsten Fall entsteht ein lokaler Abszess mit Eiter, was überaus schmerzhaft ist und Sie notfallmässig zu einem Zahnarztbesuch zwingen würde. Die dann notwendig werdende Entfernung des Weisheitszahnes ist durch die bereits vorhandene Infektion mit höheren Risiken behaftet als eine geplante Entfernung in gesunder Umgebung. Auch der Nachbarzahn kann durch die Bakterienansammlung und die schlechte Reinigungsmöglichkeit Schaden nehmen durch Karies und Bildung von Zahnfleischtaschen.

Komplikationen sind sehr selten

Wie bei jedem chirurgischen Eingriff ist auch das Ziehen eines Weisheitszahnes nicht ohne Risiko. Zur Abschätzung des Risikos macht der Zahnarzt immer vorgängig ein Röntgenbild. Bei einer korrekten Operationstechnik und einer genauen Diagnostik (vorhergehende Untersuchung und Abklärung) sind Komplikationen sehr selten. Viele wissenschaftliche Studien zeigen, dass das Risiko einer Nervverletzung am kleinsten ist zwischen dem 17. und 24. Lebensjahr. Somit ist es ratsam, falls notwendig, die Weisheitszähne vor dem 25. Altersjahr zu entfernen. Wenn die Wurzeln zudem noch nicht ganz ausgewachsen sind, lässt sich der Zahn einfacher entfernen. In Ihrer Situationen scheint es ratsam zu sein, die Weisheitszähne gelegentlich zu entfernen und nicht zu warten, bis möglicherweise eine akute Notfallsituation entsteht.   

Autor: Dr. med. dent. Jürg Eppenberger
Erschienen in: Neue Luzerner Zeitung am 26. November 2008