Frage
Ich muss zwei Zähne durch Implantate ersetzen lassen. Mein Zahnarzt schlägt mir nun vor, diese Implantate ganz aus Keramik zu machen und nicht wie üblich mit Titanschrauben. Was sind die Vor und Nachteile von Keramik und Titan? Was sind die Unterschiede bei den Kosten und der Lebensdauer? Wenn ich mich für Titan entscheide, muss ich einen neuen Zahnarzt finden: Wie mache ich das am besten? K. L. in B.
Kurzantwort
Entscheidend bei Implantaten ist das feste Einwachsen des Zahnersatzes im Knochen. 99 Prozent der Implantate, die weltweit eingesetzt werden, bestehen aus Titan. Die Erfolgsquote der Einheilung der Titanimplantate im Knochen ist sehr hoch. Das Einheilen der Keramikimplantate ist risikoreicher, dauert länger und ist deshalb deutlich teurer.
Der Hauptfaktor, der über den Erfolg bei Implantaten entscheidet, ist das feste Einwachsen der Implantate im Knochen. Anfänglich ist die Situation ähnlich wie bei Schrauben, die ins Holz eingedreht werden. Dieser rein mechanische Halt ist für den zahnmedizinischen Erfolg jedoch völlig ungenügend. Implantate müssen vollständig mit dem Knochen verwachsen, damit ein langfristiger Erfolg garantiert wird. Implantate aus Titan wachsen innert zweier Monate im Knochen fest ein. Implantate aus Keramik brauchen dazu länger, nämlich vier bis sechs Monate. Werden Implantate während dieser Einheilzeit Belastungen ausgesetzt, die sie im Knochen mehr als 0,15 Millimeter bewegen, so ist die Einheilung gefährdet. Es käme dann zur Lockerung und zum Misserfolg. 99 Prozente der Implantate, die weltweit eingesetzt werden, bestehen aus Titan. Die Erfolgsquote der Einheilung der Titanimplantate im Knochen ist sehr hoch und beträgt 95 bis 98 Prozent. Das Einheilen der Keramikimplantate ist risikoreicher und dauert länger. Entsprechend sind die Erfolgsquoten niedriger.
Keramikimplantate sind empfindlicher auf kleinste Bewegungen im Verlaufe der Einheilzeit und müssen deshalb über die gesamte Zeit geschützt werden. Eine übliche Methode ist das Tragen einer Plastikfolie über den gesamten Zahnbogen während 24 Stunden pro Tag. Diese zusätzlichen Vorsichtsmassnahmen verursachen zusätzliche Kosten.
Keramikimplantate als Ausnahme
Aus heutiger Sicht sind Keramikimplantate nur sinnvoll bei Patienten, die aus persönlichen Gründen keine Titanimplantate eingesetzt erhalten möchten. Der erhöhte Mehraufwand und das erhöhte Risiko rechtfertigen noch keine routinemässige Anwendung. Implantatbehandlungen können einfach, aber auch sehr schwierig sein. Implantate darf jeder Zahnarzt setzen, und «Implantologe» ist kein geschützter Titel. Umso mehr ist es ratsam, sich vor der Behandlung über die Qualifikationen und das Leistungsangebot des Zahnarztes zu informieren. Der behandelnde Zahnarzt sollte im Idealfall über eine zusätzliche Weiterbildung in rekonstruktiver Zahnmedizin, Parodontologie oder Oralchirurgie verfügen. Es gibt auch qualifizierte Allgemeinzahnärzte, die sich spezifisch eine Kompetenz in der Implantologie erarbeitet haben. Entweder kann der behandelnde Zahnarzt die Implantatbehandlung selbst durchführen, oder er übernimmt die Überweisung an einen implantologisch tätigen Kollegen. Adressen von Spezialisten finden Sie auch auf der Homepage der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft (www.sso.ch) der Implantatstiftung (www.implantatstiftung.ch), oder bei den Zahnärztlichen Instituten der Universitäten in Zürich, Basel und Bern.
Autor: Dr. med. dent. Jürg Eppenberger
Erschienen in: Neue Luzerner Zeitung am 5. Juli 2003