Wie gut sind schnelle und günstige Zahnimplantate?

Frage
Ich habe von Zahnimplantaten gelesen, die nicht nur günstiger sein sollen als die herkömmlichen Methoden, sondern die auch in den meisten Fällen ohne lange Einheilungszeit des Implantats in den Knochen auskommen und in einem Tag abgeschlossen werden. Offenbar wird diese Methode aber in der Schweiz kaum angewandt, obwohl sie doch nur Vorteile zu haben scheint. Warum ist dem so? Ist diese schnelle und offenbar kostengünstigere Technik nicht sicher?

Kurzantwort
Bei der Zahnbehandlung müssen immer die spezifische Situation im Munde des Patienten sowie allgemeine Kriterien wie Gesundheit, Alter, finanzielle Möglichkeiten berücksichtigt werden. Die Methode, bei welcher die Zahnimplantate unmittelbar nach dem Einsetzen mit Zähnen versorgt und somit belastet werden, ist nach bisherigen Erfahrungen nur in rund 10 bis 15 Prozent aller Fälle geeignet.

Bei zahnmedizinischen Behandlungen handelt es sich nie um ein Konsumprodukt, welches wie ein Kleidungsstück, oder ein elektronisches Gerät mit anderen verglichen und dann eingekauft werden kann. Seriöse zahnmedizinische Behandlungen sollten immer auf die spezifische, lokale Situation im Munde des Patienten und unter Berücksichtigung von mehreren allgemeinen Kriterien, wie Gesundheit, Alter, finanziellen Möglichkeiten usw. individuell ausgewählt und geplant werden. Für jeden Patienten soll so die für ihn beste Lösung gefunden werden. Dazu braucht es keine Werbung, sondern seriöse Information.
Zahnärzte, die Werbung machen, stehen unter Verdacht, in erster Linie ein Produkt verkaufen zu wollen. Werbung kann den hochstehenden und berechtigten Anspruch in Frage stellen, dass sich der Zahnarzt in erster Linie am Wohl des Patienten orientiert und für ihn die individuell beste Lösung herausfindet. Zahnärzte SSO sind zur stetigen Fortbildung verpflichtet und weisen einen Patienten zur optimalen Versorgung allenfalls an einen kompetenten Kollegen weiter.

Aggressive Therapiepolitik
Die von Ihnen erwähnte Methode aus einer Werbung ist ein Relik aus den Boomjahren einer Schweizer Firma. Von 2002 bis 2007 hat diese Firma eine sehr aggressive Werbepolitik betrieben, die leider vielen Patienten und ihren Zahnärzten Misserfolge beschert hat. Wir wissen heute, dass diese Methode, bei welcher die Implantate unmittelbar nach dem Einsetzen mit Zähnen versorgt und somit belastet werden, nur in ca. 10-15% aller Fälle geeignet ist. Diese Methode könnte übrigens mit allen gängigen Implantatsystemen durchgeführt werden, vorausgesetzt, die Situation beim Patienten ist dazu geeignet. Diese Methode zu bewerben, ohne auf die seltene Anwendbarkeit hinzuweisen, ist unseriös.

Einheilungszeit abwarten
Die sofortige Belastung von Implantaten ist mit einem höheren Misserfolgsrisiko verbunden. Denn für den langfristigen zahnmedizinischen Erfolg müssen die Zahnimplantate im Knochen einheilen. Innert zwei Monaten wachsen Implantate aus Titan fest im Knochen ein. Wird ein Implantat während dieser Einheilzeit wiederkehrenden Belastungen ausgesetzt, welche es im Knochen mehr als 0.15 Millimeter bewegen, so kann die Einheilung gefährdet sein. Es kann dann zur Lockerung und zum Verlust des Implantates kommen.

Autor: Dr. med. dent. Jürg Eppenberger
Erschienen in: Neue Luzerner Zeitung am 18. September 2011